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Industrie trifft Zukunft: KI im Fokus

Vom 21. – 22.05.2025 beleuchten führende Experten in Stuttgart praxisnah und kontrovers industrielle Anwendungen von künstlicher Intelligenz und Machine Learning – powered by SPS und Computer&Automation. 

Energierückgewinnung

Kosten und Emissionen senken

12.05.2025

50 % der Industrieunternehmen wollen bis 2035 klimaneutral sein, so die aktuelle EEP-Studie. Effiziente Antriebstechnik mit Energierückgewinnung bietet enormes Potenzial, den Energieverbrauch nachhaltig zu senken und die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

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Der Energieeffizienz-Index des EEP der Universität Stuttgart zeigt, dass 50 % der befragten Unternehmen bis 2035 Klimaneutralität anstreben. Durch moderne Antriebstechnik mit Energierückgewinnung können Unternehmen ihren Stromverbrauch um bis zu 30 % reduzieren. Bild: EEP – Universität Stuttgart

Aktuelle Studien unterstreichen die Dringlichkeit energieeffizienter Lösungen in der Industrie: Der jüngste Energieeffizienz-Index des Instituts für Energieeffizienz in der Produktion (EEP) der Universität Stuttgart zeigt, dass 50 % der befragten Unternehmen bis 2035 Klimaneutralität anstreben. Gleichzeitig verursachen elektrische Antriebssysteme laut Umweltbundesamt 37 % des Stromverbrauchs von Antriebssystemen (zum Beispiel Servomotoren) in der deutschen Industrie. Diese Systeme sind nicht nur für den Großteil des Energiebedarfs verantwortlich, sondern bergen auch das größte Einsparpotenzial: Durch moderne Antriebstechnik mit Energierückgewinnung könnten Industrieunternehmen ihren Stromverbrauch um bis zu 30 % reduzieren. Angesichts der Tatsache, dass 96 % der Lebenszykluskosten eines Motors auf den Energieverbrauch entfallen, wird klar: Investitionen in effiziente Antriebslösungen amortisieren sich nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich innerhalb kürzester Zeit.

Und das nicht nur in Deutschland, sondern international: Denn in Anbetracht von mehreren hundert Millionen weltweit installierten Industrieantrieben bietet besonders die Antriebstechnik, die direkt und indirekt für bis zu 70 % des industriellen Energiebedarfs verantwortlich ist (inklusive Pumpen, Ventilatoren und Kompressoren, die indirekt mit Antriebstechnik verbunden sind), ein enormes Potenzial für Effizienzsteigerungen. Bei Anwendungen mit häufigen Start-Stopp-Zyklen oder Bremsvorgängen geht ohne entsprechende Rückgewinnungstechnologien wertvolle Energie verloren, die in Form von Wärme abgeführt wird. Diese Verschwendung wirkt sich nicht nur auf die Betriebskosten aus, sondern steht auch im Widerspruch zu den Nachhaltigkeitszielen vieler Unternehmen und den steigenden gesetzlichen Anforderungen wie der Ökodesign-Richtlinie und dem European Green Deal. Energierückgewinnungssysteme in der Antriebstechnik bieten hier Lösungsansätze, die sowohl ökonomisch als auch ökologisch überzeugen.

Der Energieeffizienz-Index des EEP der Universität Stuttgart zeigt, dass 50 % der befragten Unternehmen bis 2035 Klimaneutralität anstreben. Durch moderne Antriebstechnik mit Energierückgewinnung können Unternehmen ihren Stromverbrauch um bis zu 30 % reduzieren. Bild: EEP – Universität Stuttgart

Effizienzgewinn durch Rückspeisung

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Die PxtFX der Michael Koch GmbH sind aktive Energiemanagementgeräte. Durch die Integration in die Crossbar Robot 4.0 von Schuler Automation konnte die Produktivität um etwa 20 % gesteigert werden. Bild: Michael Koch

Energiespeicherlösungen sind entscheidend für die Optimierung der Antriebstechnik, da sie die Effizienz und Zuverlässigkeit von Antrieben erheblich steigern können. Ein Beispiel ist die Michael Koch GmbH: Deren PxtFX-Serie sind aktive Energiemanagementgeräte und sichere Bremswiderstände für die elektrische Antriebstechnik und für Applikationen mit häufigen, kurzen Zyklen prädestiniert. Hier agieren sie nicht nur als kurzfristige USV, sondern vor allem speichern sie Bremsenergie aus Antrieben zurück, die während des Betriebs entsteht. So werden Energieverluste minimiert und die Effizienz der Antriebssysteme steigt, was insbesondere in Anwendungen mit häufigen Bremsvorgängen von Vorteil ist. Ein konkreter Anwendungsfall ist etwa die Integration der PxtFX in die Crossbar Robot 4.0 von Schuler Automation. Durch die Lösung konnte die Produktivität der Maschine um etwa 20 % gesteigert werden, indem die Anzahl der Zyklen pro Minute erhöht wurde. Gleichzeitig reduzierte sich der Energieverbrauch um bis zu 30 %, da die rekuperierte Bremsenergie der Antriebe effizient genutzt wurde.

SEW-Eurodrive bietet Antriebstechnologien wie die MOVI-DPS, die als Energieinterface, Leistungsinterface, Speichereinheit und Energiemanagementsystem fungiert. Diese Lösung ermöglicht eine intelligente Steuerung der Leistungszufuhr, was zu einer Senkung der Energiekosten und einer Erhöhung der Anlagenverfügbarkeit führt. Ein Anwendungsbeispiel ist die Integration der SEW-Lösung bei dem Tiefkühllagerhersteller New Cold, wo Energiespeichereinheiten in einem Kühllager installiert wurden, um die Effizienz der Antriebssysteme zu verbessern und Spitzenlasten aus dem Stromnetz zu reduzieren. Durch diese Maßnahme konnte die Spitzenlast von 140 kW auf 25 kW pro Lager- und Abrufsystem erheblich gesenkt werden.

Die PxtFX der Michael Koch GmbH sind aktive Energiemanagementgeräte. Durch die Integration in die Crossbar Robot 4.0 von Schuler Automation konnte die Produktivität um etwa 20 % gesteigert werden. Bild: Michael Koch

Detaillierte Analyse der Rückspeiseenergie

Auch Beckhoff Automation präsentiert mit der Netzrückspeisung AX8820 eine Lösung zur Rückspeisung regenerativer Energie ins Versorgungsnetz. Diese Technologie ist speziell für den Einsatz mit dem Multiachs-Servosystem AX8000, den digitalen Kompakt-Servoverstärkern AX5000 sowie Geräten von Drittanbietern konzipiert. Ein besonderer Vorteil der AX8820 liegt in der sinusförmigen Rückspeisung, die die bei blockförmiger Rückspeisung üblichen Netzverzerrungen verhindert. Die Einheit ist für 400 bis 480 V AC Nennanschlussspannung, 7 kW Nennleistung und maximal 848 V DC Zwischenkreisspannung ausgelegt.

Das Energiemanagement wurde bei der Entwicklung besonders berücksichtigt: Zunächst wird die regenerative Energie im Zwischenkreis gespeichert, und erst kurz vor Erreichen der Überspannungsschwelle der angeschlossenen Geräte beginnt die AX8820 mit der Rückspeisung ins Versorgungsnetz. Für Anwendungen mit höherem Energiebedarf können mehrere Netzrückspeisungen parallel betrieben werden. Die erweiterte Diagnose über Ethercat ermöglicht zudem eine detaillierte Analyse der Rückspeiseenergie, wodurch der zeitliche Verlauf der Maschinenprozesse optimiert werden kann, um den Wirkungsgrad der Maschine weiter zu erhöhen.

Hohes Wachstum bei Rückspeisetechnik

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Der Motec-Umrichter von Lenze ist eine dezentrale Lösung mit integrierter Rückspeisung, die Bremsenergie nicht in Wärme wandelt, sondern als elektrische Energie zu anderen Komponenten oder zurück ins Netz führt. Bild: Lenze

Lenze bietet mit dem Motec-Umrichter eine dezentrale Lösung mit integrierter Rückspeisung an. Dieser ermöglicht, dass Bremsenergie nicht in Wärme umgewandelt wird, sondern als elektrische Energie zu anderen stromverbrauchenden Komponenten oder zurück ins Netz geführt wird. Die Schaltschrankumrichter i550 cabinet von Lenze können im DC-Verbund ebenfalls Energie zurück ins Netz speisen. Für bestehende Anlagen bietet Lenze die Rückspeiseeinheit r750 an, die sich durch direkten Anschluss an den DC-Zwischenkreis nachrüsten lässt – eine Investition, die sich innerhalb kurzer Zeit amortisiert, heißt es.

Die aktuelle Entwicklung im Bereich der Energierückgewinnung zeigt also vielversprechende Lösungen, und der Markt für regenerative Antriebe wächst stetig, mit einer prognostizierten jährlichen Wachstumsrate von 8,9 % von 2026 bis 2033. Neben den elektrischen Systemen werden auch hydraulisch-elektrische Hybridlösungen intensiv erforscht, die besonders in Baumaschinen und Fahrzeugen mit häufigen Start-Stopp-Zyklen erhebliche Energieeinsparungen ermöglichen können. In einer Studie wurde gezeigt, dass die Nutzung eines hydraulisch-elektrischen Hybridsystems in einem Lader zu einer Reduzierung des Energieverbrauchs um etwa 18,9 % führen kann.

Der Motec-Umrichter von Lenze ist eine dezentrale Lösung mit integrierter Rückspeisung, die Bremsenergie nicht in Wärme wandelt, sondern als elektrische Energie zu anderen Komponenten oder zurück ins Netz führt. Bild: Lenze

Intelligente Vernetzung und Energiemanagement sind Zukunftsthemen

Die fortschreitende Digitalisierung ermöglicht zudem eine immer präzisere Steuerung und Optimierung der Lösungen zur Energierückgewinnung: Beispielsweise können moderne Umrichter Echtzeitdaten nicht nur zum Condition Monitoring, sondern auch zum Energieverbrauch liefern, die dann über Cloud-basierte Dienste weiterverarbeitet werden.

Die Zukunft der Energierückgewinnung in der Antriebstechnik liegt in der intelligenten Vernetzung, adaptiven Steuerungsalgorithmen und der Integration in umfassende Energiemanagementsysteme. Durch die Kombination verschiedener Technologien und den Einsatz künstlicher Intelligenz werden weitere Effizienzsteigerungen erwartet. Diese Entwicklung ist nicht nur ein wichtiger Beitrag zur Energiewende, sondern auch ein entscheidender Wettbewerbsvorteil für die Hersteller in einem weltweit zunehmend energiebewussten Markt. (hjs)

Weitere Informationen

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