Im SPS Technology Talk im Oktober erfahren Sie, wie Machine Learning heute in industriellen Lösungen eingesetzt wird. Außerdem gibt es einen Blick in die Zukunft: Das DFKI erforscht industrienah Ansätze zu KI-basierter Fertigungsplanung.
Bosch investiert mehr als 2,5 Mrd. Euro in künstliche Intelligenz – für besseren Kundenservice, smarte Produkte und effizientere Prozesse. Auf der IFA zeigte das Unternehmen beispielsweise, wie KI in Produkten zum Einsatz kommt, etwa zum Sortieren von Servicetickets oder der Chatbot-Beantwortung von Kundenanfragen in über 40 Sprachen.
Auf der Consumer-Electronics-Messe IFA in Berlin zeigte Bosch Produkte, die mit künstlicher Intelligenz (KI) entwickelt oder produziert worden sind oder KI mit dem Ziel nutzen, das Leben der Menschen komfortabler, nachhaltiger und sicherer zu machen. Dafür investiert Bosch bis Ende 2027 mehr als 2,5 Milliarden Euro: KI hilft etwa beim Kochen und Backen, aber sie ist in konsumentennahen Bereichen von Bosch auch im Bereich Kundenservice im Einsatz, etwa zur Auswertung von Kundenfeedbacks oder beim Übersetzen.
„Durch datenbasierte Entscheidungen können wir Umsatzpotentiale erschließen und gleichzeitig die Kundenzufriedenheit steigern.“
Die Bedeutung von Kundenfeedbacks lasse sich laut Fischer in zwei Zahlen ausdrücken: 93 % der Verbraucher lesen vor dem Kauf online Bewertungen. Und 94 % der Verbraucher kaufen kein schlecht bewertetes Produkt. Gerade in den Bereichen Kundenservice sowie Marketing & Sales liefert KI einen großen Mehrwertlaut einer Studie von McKinsey.
Bosch setzt auf hybrides Modell im Kundenservice
Der Umgang mit den „Nullen und Einsen“ will gelernt sein und bis sich Menschen daran gewöhnt haben, brauche es Zeit, so Fischer weiter. Rund zwei Drittel der Menschen stehen KI im Kundenservice laut des Marktbeobachtungsinstituts Gartner skeptisch gegenüber und wollen lieber mit einem Servicemitarbeiter interagieren. Deshalb setzt das Technologieunternehmen Bosch auf ein hybrides Modell: Mensch und KI arbeiten sozusagen Hand in Hand. In den konsumentennahen Bereichen von Bosch gehen jährlich mehr als 30 Millionen Kontaktanfragen ein. Die Bandbreite reicht von Produktfragen und Jobangeboten bis hin zu allgemeinen Informationen, die in bis zu 40 Sprachen beantwortet werden. Im Kundenservice wird KI vor allem bei wiederkehrenden, für Menschen ermüdenden und zeitintensiven Prozessen eingesetzt – etwa beim Übersetzen, Sortieren, Klassifizieren und Weiterleiten von Servicetickets. Servicemitarbeiter gewinnen wertvolle Zeit und können sich gezielter und persönlicher um Kundenanliegen kümmern.
KI erspart rund 2.500 Stunden händischer Nacharbeit
KI-Technologien wie Chatbots, virtuelle Assistenten und automatisierte Analysen läuten jetzt eine neue Ära der Kundenkommunikation ein – mit erstaunlichem Erfolg, so der Hersteller. Bei Bosch Power Tools helfen KI-Agenten beim Kategorisieren von rund 120.000 Servicetickets, die jährlich im After Sales am deutschen Standort in Willershausen eingehen – und lösen ein regelbasiertes, auf Machine Learning beruhendes System ab. Nicht einmal ein Jahr später werden die Tickets nun mit über 90 % Genauigkeit kategorisiert. Damit konnte Bosch Power Tools laut eigenen Aussagen durchschnittlich rund 2.500 Stunden mühevolles händisches Nacharbeiten im Jahr einsparen. Dieser Service soll nun weltweit auf die 23 Service-Standorte von Power Tools ausgerollt werden soll, die 40 Länder und rund 1,5 Millionen Serviceanfragen abdecken. In Willershausen wurden darüber hinaus Servicemitarbeiter qualifiziert, die sogenannte Prompts – Befehle oder Anweisungen für die KI – konfigurieren. Denn die KI ist nur so klug, wie sie entsprechend trainiert und von Menschen angelernt wird.
Agentische KI analysiert schriftliche Anfragen in Echtzeit
In einem weiteren globalen Projekt bei Power Tools hilft agentische KI im Zusammenspiel mit mehreren vernetzten Systemen, den Kundenservice auf ein neues Niveau zu heben: Seit Juni unterstützt eine intelligente Plattform die Servicemitarbeiter, die jährlich mehr als 1,2 Millionen eingehenden schriftlichen Anfragen in Echtzeit zu analysieren, relevante Informationen aus CRM- und Wissenssystemen zu durchsuchen und kontextbasierte Antwortvorschläge zu erstellen. Zusätzlich wird durch eine intelligente Übersetzungsfunktion auch der Kundenkontakt für Sprachen mit kleinem Volumenaufkommen deutlich verbessert, heißt es. In einer weiteren Ausbaustufe soll der Service auch auf Telefonanrufe ausgeweitet werden, wobei die KI mit Einverständnis des Anrufers Gespräche verfolgt und den Servicemitarbeiter mit Antwort- und Handlungsvorschlägen unterstützt. Das Projekt hat laut des schwäbischen Konzerns großes Skalierungspotential: Der Service soll Anfang nächsten Jahres auf weitere Bosch-Einheiten ausgerollt werden. Dabei helfen auch standardisierte Tools und IT-Lösungen – bereitgestellt von der Bosch-internen IT sowie Servicebereichen.
Hohe Kundenzufriedenheit durch Chatbot bei Bosch Smart Home
Automatische Gerichterkennung: Sensoren im Backofen von Bosch erkennen die Art des Gerichts und stellen selbstständig die optimale Temperatur und Garzeit ein. Bild: Bosch
Auch der Bereich Bosch Smart Home konnte von standardisierten Lösungen aus der Bosch-IT profitieren. Nur sechs Monate vergingen von der Idee bis zur ersten Nutzung eines Chatbots mit generativer KI auf der Webseite des Bereichs. Seit gut einem Jahr unterstützt dieser nun den Kundenservice bei Bosch Smart Home. Mehr als 97 % der Chatbot-Nutzer, die eine Bewertung abgeben, sind zufrieden mit der Antwort. Darüber hinaus werden zusätzlich ebenfalls über 95 % der Kundenanfragen mit dem Chatbot gelöst und nicht in dieser Instanz an einen Servicemitarbeiter weitergeleitet. Mittlerweile werden rund 20 % des eingehenden Volumens über den Chatbot abgewickelt und ein strategisches Ziel des Bereichs erreicht: Den Kunden die Möglichkeit zum Self-Service geben, um Fragen schneller selbst zu klären. Zusätzlich unterstützt ein interner KI-Copilot die Servicemitarbeiter, indem er Antworten vorschlägt. Der Copilot kommt bereits bei rund 12 % der Anfragen zum Einsatz und übernimmt bei mehr als 6 % der Kontakte die Übersetzung internationaler Tickets. Diese Kombination aus Self-Service und Unterstützung der Servicemitarbeiter ermögliche es dem Team, sich auf komplexe Fälle zu konzentrieren und die Servicequalität weiter zu steigern.
KI wertet millionenfach Reviews aus
Kundenzentrierte Produktentwicklung ist seit Jahren fest in der Unternehmensstrategie der beiden größten Endkonsumentenbereiche von Bosch – BSH Hausgeräte und Power Tools – verankert. Bereits 2018 liefen erfolgreiche Piloten, in denen mit KI-Methoden öffentlich verfügbare Produktbewertungen und Konsumentenfeedbacks systematisch erfasst und daraus Verbesserungspotenziale für Produktentwicklung, Marketing, Vertrieb und Kundenservice abgeleitet wurden.
Bei Bosch Power Tools wurden 3,4 Millionen online verfügbare Kundenfeedbacks im Jahr 2024 ausgewertet. Seit Beginn 2024 kommt nun generative KI zum Einsatz und liefert zum Beispiel bei der BSH wichtige Informationen über alle BSH-Hausgerätemarken, alle Produktkategorien, und Datenquellen für Produktbewertungen sowie NPS-Feedbacks. Sie kann jetzt auch tausende vorab nicht definierte Themen erkennen. Damit ist eine sehr granulare Suche nach Spezialthemen bei einzelnen Produkten möglich, was den Mehrwert für die Unternehmensbereiche steigere. Aktuell wird die KI-basierte Konsumentenfeedback-Analyse in 45 Ländern in potenziell allen Sprachen – die bei Bedarf übersetzt werden – genutzt. Als Ergebnis wurden beispielsweise bei einem großen deutschen Handelspartner Produktbeschreibungen in deren Webshop verbessert und Informationen zu Zubehör ergänzt, was zu mehr Absatz und besseren Produktbewertungen führte.
In einem weiteren Beispiel bemängelten Kunden den fehlenden Kontrast der Symbolbeschriftungen auf dem Bedienfeld eines Herdes – das Designteam hat bei dem Launch einer neuen Backofenserie nachgebessert. Zudem wurde bei Kochfeldern, die über einen großen Onlinehändler verkauft werden, Verpackung sowie Logistik- und Transportprozess verbessert – ohne datengetriebene Einsicht wäre dies möglicherweise unentdeckt geblieben, heißt es. (nu)