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VDMA e.V.

Exklusiv: Experten-Interview mit Stefan Grötzschel, Referent VDMA Bildungsabteilung

21.02.2024

Im exklusiven SPS-Experteninterview zum Top-Thema erläutert Stefan Grötzschel, Referent in der Bildungsabteilung des VDMA, wie der Fachkräftemangel sich auf die Wirtschaftsleistung auswirkt und warum er trotz steigender Automatisierung weiterbesteht. Er gibt zudem Tipps, welche Stellschrauben es im Recruiting für die Unternehmen gibt und wie auch dadurch die Generation „Z“ besser erreicht werden kann.

Herr Grötzschel, wie sehr macht sich der Fachkräftemangel bereits heute bei der wirtschaftlichen Entwicklung der Unternehmen bemerkbar?

Stefan Grötzschel: Laut VDMA-Blitzumfragen haben sich die Fachkräfteengpässe zuletzt leicht abgeschwächt. 66 Prozent der Unternehmen melden aber einen spürbaren Fachkräftemangel. Fachkräfte sind demnach weiter äußerst knapp und es wird auch in den nächsten Monaten keine Entspannung erwartet. Auch das ifo Institut bestätigt diese Entwicklung. 

Zwei von drei Unternehmen wollen zusätzliche Fachkräfte im technischen Bereich einstellen. Fast 60 Prozent unserer im September 2023 befragten Mitglieder melden zudem gestiegene Fluktuation, was den Druck weiter erhöht. 

In der Folge werden auch die Stellenangebote für Nachwuchskräfte vielerorts weiter ausgebaut, vor allem im technischen Bereich. Das Angebot an Ausbildungsstellen stieg 2023 wieder um 8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auch hier spüren die Unternehmen den Mangel: Im Schnitt können sie jeden fünften Ausbildungsplatz nicht besetzen. Dies, obwohl die Bedingungen attraktiv sind. So übernehmen die Unternehmen im Durchschnitt 9 von 10 Auszubildenden nach der Ausbildung.

Der Grad der Automatisierung nimmt stetig zu, gleichzeitig auch der Fachkräftemangel. Wie passt das eigentlich zusammen?

Stefan Grötzschel: Automatisierung birgt das Potential den Bedarf an benötigten Qualifikationen zu verschieben: Während für manuelle und repetitive Tätigkeiten weniger Personal benötigt wird, steigt der Bedarf an Fachkräften, die in der Lage sind, komplexe Maschinen oder Prozesse zu bedienen, zu warten oder weiterzuentwickeln, sowie an Experten in den Bereichen Softwareentwicklung, Datenanalyse und künstliche Intelligenz. Diese technologischen Entwicklungen erfordern ein hohes Maß an Spezialisierung und fortlaufender Weiterbildung, was den Fachkräftemangel in diesen Bereichen eher verstärkt.

Zudem eröffnet die Automatisierung neue Geschäftsfelder und Dienstleistungsangebote, die wiederum weiteren Bedarf an qualifizierten Fachkräften schaffen. Die Herausforderung für eine moderne Gesellschaft besteht darin, das Bildungs- und Ausbildungssystem zu befähigen, dass es den Entwicklungen gerecht werden kann und Menschen mit den Fähigkeiten ausstattet, die in einer zunehmend automatisierten und digitalisierten Wirtschaft benötigt werden.

Stichwort Generation „Z“: Haben diese jungen Menschen wirklich so neue Vorstellungen, wie sie arbeiten möchten? Wie kann man sie erreichen?

Stefan Grötzschel: Ja, die Generation Z bringt bestimmte Vorstellungen zum Thema Arbeit mit. Sie legen z.B. Wert auf gute Arbeitsbedingungen, Bezahlung und Sicherheit, aber auch Spaß an der Arbeit und Work-Life-Balance mit. Dabei unterscheiden sie sich gar nicht so sehr von älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Vielleicht bringen sie ihre Bedürfnisse etwas lauter zum Ausdruck. 

Unternehmen sollten versuchen mit den jungen Leuten in Kontakt zu kommen, idealerweise physisch, mit dem Ziel authentische Einblicke in die Unternehmenskultur zu bieten. Das geht zum Beispiel über Praktikumsplätze, Schulkooperationen oder Tage der offenen Tür. Wer zeigen kann, dass die Bedingungen gut sind und wertschätzenden Umgang pflegt, punktet bei der Jugend und bei den Eltern. Den Faktor Mensch kann man an dieser Stelle gar nicht hoch genug einschätzen.

Wie können Unternehmen noch effektiver die richtigen Bewerber für ihre offenen Stellenpositionen finden?

Bei schwieriger zu besetzenden Positionen sollten Unternehmen geeignete Personen aktiv ansprechen, etwa auf LinkedIn, anderen sozialen Netzwerken oder über Lebenslaufdatenbanken. Hierfür gilt es, Ressourcen bereitzuhalten. Häufig sind auch die formulierten fachlichen Ansprüche in Stellenanzeigen sehr hoch. Hier könnte man sich von anderen Unternehmen abheben und ggf. überprüfen, ob die eine oder andere Fachkompetenz noch im Unternehmen entwickelt werden kann und man stärker nach Persönlichkeiten sucht.

Eine werteorientierte, authentische Employer Brand kann man gut vermarkten und zieht die richtigen Bewerber an. Generell ist in vielen Unternehmen der notwendige Haltungswechsel noch nicht auf allen Ebenen durchgedrungen. Ehrliches Interesse, Augenhöhe und Authentizität werden immer wichtiger. In den ersten Unternehmen wird auf ein Anschreiben verzichtet. So kann man sich vereinzelt auch über Whatsapp melden und man bekommt eine Antwort.

Generell bleibt die Steigerung der Attraktivität als Arbeitgeber als ein etwas dickeres Brett ein wichtiges Thema.

Herr Grötzschel, vielen Dank für diese Einschätzungen.